„Wecker“ – Zeichnung von Hugo Heikenwaelder
Heute ist der Tag des „Weckers“ !
Nun, liebe Leute, wie kommt man bloß auf so ein „Bild-Thema“ ?
Ganz einfach, man liegt im Bett, kann wieder mal nicht einschlafen, hängt seinen Gedanken nach, und dabei fällt einem Folgendes ein :
„WER, in meinem Leben, ging mir wirklich MAXIMAL auf den Wecker !“ Die LISTE ist länger als ich dachte !
Da ich zu längerem Hass nicht fähig bin, dieser dann schnell zum „auf den Wecker gehen“ mutiert, und sich dann später in völlige Gleichgültigkeit gegenüber einer bestimmten Person verwandelt, ist es schwierig, sich an echte frühe Hass-Gefühle zu erinnern. Und ich kenne niemanden, der in seinem Leben NICHT solchen geächteten Personen begegnet wäre. Oft schon in der eigenen Familie, dann in der Schule oder der Uni, später auch im Beruf, aber auch privat. Auch wenn ich die meiste Zeit meiner vielen Lebensjahre sozusagen OBENAUF gewesen bin, so habe natürlich auch ich persönliche Wunden, seelische Verletzungen und die Versuche von Demütigungen erlebt. Gott sei Dank ist das alles sehr, sehr lange her, der damalige Spontan-Schmerz längst Vergangenheit, die Beleidigungen längst vergessen und „ad Acta“ gelegt. Das Glück liegt im Vergessen und im erfolgreich verdrängen : Und glaubt mir, liebe Freunde, ich bin ein „Meister des Vergessens“. Und da ich in meinem Leben langfristig keinen Platz für negative Gefühle habe, bzw. zulasse, bleibt nur eine letzte blasse Ahnung und Erinnerung an Momente psychischer Schmerzen. Von einem dieser Vorfälle möchte ich berichten, denn diese Geschichte hat auch meinen Lebensweg nachhaltig beeinflußt !
Also, ich zählte gerade mal junge 16 Lenze, als sich Folgendes zutrug, – und zwar im Real-Gymnasium in dieser beschissenen Kleinstadt in Vorarlberg, in der ich irrtümlich geboren bin.
Und es geht um meinen Zeichenlehrer. Ich weiß nicht, ob er wirklich ein böser Mensch war, oder nur nachtragend und unnachgiebig bis in den Tod.
Jedenfalls war es ein Horror ihm zu begegnen.
Eines schönen Tages, es war ein Freitag, und wir hatten eine Zeichen-Doppel-Stunde, kam er daher und verlangte, dass wir einen Hammer und nebenstehend ein Glas Wasser zeichnen sollten. Ich als typischer 16-jähriger, voller Flausen und ersten Tostesteron-Schüben, sollte also einen Hammer zeichnen. Einen HAMMER ! Damals gab es für alle, nicht nur für mich, 3 Themen : 1.) Schöne Mädchen, – 2. Mädchen im Allgemeinen, – 3.) Hässliche Mädchen ! Aber doch keinen HAMMER ! Niemals. Never ever !
Als mein Zeichenlehrer bemerkte, dass ich nichts zeichnete, mich seinem Arbeits-Auftrag verweigerte, da begann der Krieg. Auf seine Frage, warum ich die gestellte Aufgabe nicht erledigte erklärte ich ihm, in meinem ohnehin unübersehbaren Größenwahn : „Ich kann sowieso besser zeichnen als alle Anderen in der ganzen Schule, – aber so einen blöden Hammer abzukupfern, das ist mir wirklich zu doof ! Mach ich nicht.“ – Na, aus war’s ! Er, vollkommen in Rage, schnauzt mich an : „Wenn Du jetzt nicht auf der Stelle den Hammer zeichnest, bekommst Du als Jahres-Endnote ein NICHT GENÜGEND; – und kannst die 6.Klasse wiederholen !“ BUMM ! KRIEG !
Natürlich zeichnete ich KEINEN Hammer, – und auch sonst nichts. Ich saß da, schaute in die Luft, und spielte die beleidigte Leberwurst, – in meinem Lehrer kochte die Wut, denn er war ein reiner Sadist und Machtmensch, und dass ich der beste Zeichner in der ganzen Schule war interessierte in genau NULL ! Das Einzige, was ihn beschäftigte, war, dass da ein Junge saß, der sich ihm widersetzte, der nicht gehorchte, – und er, als gelernter Sadist, hatte nur das Ziel, meinen Willen zu brechen, mich zu erniedrigen und mich zu demütigen. Nur geriet er damals natürlich an den Falschen, nämlich an MICH. Zu Hause erzählte ich alles meinem Vater, der schnell verstand, wie der Hase läuft, – er maßregelte mich aber nicht, weil er wußte, dass das „bei einem wie mir“ sowieso nichts bringt, und er mir möglicherweise in seinem Innersten auch recht gab, denn von einem mußte ich ja meine damalige Sturheit geerbt haben, – und von meiner Opportunisten-Mutter hatte ich sie ganz bestimmt nicht.
Das Schuljahr endete bald und ich bekam in KUNST tatsächlich ein NICHT GENÜGEND, was bedeutete, dass es im Herbst eine Nachprüfung geben würde, und wenn ich diese nicht bestehen würde, müßte ich die Klasse wiederholen, – und verlöre 1 ganzes Jahr. Der Zeichenlehrer beauftragte mich, über den Sommer ein Bild zu malen mit der Themenstellung „Der Hl.Franziskus predigt den Tieren“. An und für sich ein schönes Motiv, aber als pubertierender Teenager verweigerte ich jegliche Bereitschaft, diesem Ungustl und seinem Auftrag Folge zu leisten. Als ich Ende August zwar mehrere gute Bilder gemalt hatte, aber natürlich keinen heiligen St.Franziskus, beschloss mein Vater mir beizuspringen, und begann mit seinem hl.Franziskus. Mein Vater, wie schon einmal beschrieben, war ein exzellenter Pianist und Maler, (neben seinem Beruf als Dipl.Ing. für Starkstrom-Technik), und sein/unser „Heiliger“ mit seinen Löwen, Giraffen und einem Zebra an der Seite, war tatsächlich ein echter Hingucker. Ich habe das Bild noch heute glasklar vor Augen.
Es wurde September, die Schule begann, und ich brachte zur Nachprüfung also das Bild meines Vaters mit, wo es von einer KOMMISSION begutachtet und bewundert wurde, und meine Note von einem NICHT GENÜGEND auf ein GENÜGEND geändert wurde, sodass ich in die 7. Schulstufe des Gymnasiums aufsteigen konnte.
Mein unverschämtes Glück bestand dann übrigens darin, dass unsere Klasse einen neuen Kunsterzieher bekam, den Herrn Sontheimer, der mich heiß liebte, ob meiner offensichtlichen Begabung, und der mir Themen vorgab wie z.Bsp. „Dschungel mit Tieren“ oder „Zeichne ein Erlebnis Deines Ferien-Sommers“. Ich werde diesen Herrn Sontheimer, der durch und durch von Liebe geprägt und von dekorativem Kunstverständnis durchdrungen war NIE, NIE , NIE vergessen . Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich an ihn denke. ER war es, der als Erster zu mir sagte : „Mein Junge, Du hast es, Du kannst es, bleib dran und Du wirst ein glücklicher Mensch werden !“
Ich habe ihm geglaubt, ich und er haben Wort gehalten, – und meine Dankbarkeit kennt bis heute kein Ende. Und wer auch nur kurzfristig jemals in die Hände eines Sadisten und Psychopathen gefallen ist, der weiß, wie so etwas enden kann, wenn man davon nicht rechtzeitigt erlöst wird.
Mir jedenfalls wurde schnelle Rettung zuteil, die Erlösung fand innerhalb weniger Monate statt, auch meinem Vater bin ich dankbar, dass er mich aus dieser mißlichen Situation ohne zu zögern brilliant befreite. Er wußte natürlich, dass mein mieser Professor ein echtes (bitte Schimpfwort eintragen) war, und ich sein talentierter Sohnemann.
Mein Lebensweg hat bewiesen, dass ich richtig lag, dass man unbeirrt seinen Weg gehen kann und muss, um sein tiefstes und innerstes Glück zu finden, die absolute Befriedigung darüber, sein eigenes Talent frühzeitig erkannt, ihm gefolgt, und es in seiner gesamten Breite ausgelebt zu haben.
Und, liebe Leute, ich hoffe, obwohl schon selbst ein alter Kater, dass ich dieses Jahr einen neuen Rekord mit 100 hochwertigen Zeichnungen schaffen werde, so Gott will, – und der Unerforschliche mir noch die Zeit gewährt, die es braucht, um auch dieses verrückte Ziel noch zu erreichen.
Ich liebe euch alle, – euer Kleckser – Hugo von Kritzelflink