„Valentina“ – Aquarell und Zeichnung von Hugo Heikenwaelder
Heute, liebe Freunde, präsentiere ich euch „Valentina“, ein echtes Weib, der ich 1974 begegnete, – und die mir in eindrücklicher Erinnerung geblieben ist.
Aber wie die meisten meiner Geschichten, so hat auch diese Story eine Vorgeschichte.
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Mit 16 Jahren, im Gymnasium, kam das Fach PHILOSOPHIE auf den Lehrplan und Herr Müller, unser neuer Philosophie-Professor, vermittelte uns nebenbei auch noch einges über das „wirkliche Leben“. Er verstand es, die Dinge so exakt auf den Punkt zu bringen, sodass ich mich heute nach über 50 Jahren noch genau daran erinnere.
Eine seiner prägenden Aussagen war zum Beispiel folgende : „Hört mal, ihr Schlaumeier, ich sag euch jetzt etwas Wichtiges : Es gibt Leistungen des HEBENS und TRAGENS, und es gibt Leistungen des SUCHENS und FINDENS ! Letztere sind etwas gemütlicher !“
Welch ein bedeutungs-schwerer Satz ! Er prägte mein ganzes Leben und fand seine Bestätigung sogar durch ein Bonmot von Schlager-Altmeister Dieter BOHLEN, der meinte : „Besser SPRÜCHE klopfen,- als STEINE klopfen !“ Ich verstand ihn auf Anhieb.
Körperliche Arbeit war nie meine Sache, lieber flanieren und hübschen Mädels die Welt erklären, bevor man sie dazu überredet sich auszuziehen und von mir in göttlicher Unverhülltheit malen zu lassen. Junge Damen sind oft eitel bis zum Geht-nicht-mehr, und wenn man sie davon überzeugen kann, man sei der neue, junge KLIMT, dann ist es nicht weit zur ersten SITZUNG, die dann, wie vom Erotomanen KLIMT vorgelebt, meist in einer LIEGUNG endet.
Doch zurück zu Herrn Müller, unserem klugen und lebensnahen Professor der Philosophie. Also sprach nicht Zarathustra, sondern unser Lehrer :
“ Es gibt FRAUEN, es gibt DAMEN, – und es gibt WEIBER ! Die FRAUEN, das sind diese GRAUEN MÄUSE, die Tag und Nacht arbeiten, und die niemand wahrnimmt. Die DAMEN sind die Privilegierten, die nichts tun, immer schön sind, und die man nicht anfassen darf, weil sonst ihre Frisur durcheinandergerät. Und die WEIBER, das sind die, die die wirklich WILDEN SACHEN mit Dir machen, – und Dich um Deinen Verstand bringen ! Mit denen ist es am Lustigsten ! Haltet euch an die WEIBER, wenn ihr am Ende auf ein erfülltes Leben zurückblicken möchtet !“
Solche ELEMENTAREN Sätze hörte ich tatsächlich damals in der SCHULE, als die Lehrer noch MÄNNER waren. Hab ich mir nicht nur bis heute gemerkt, – sondern mich auch an seinen lebenserfahrenen Ratschlag gehalten. Wie recht er doch hatte ! DIESE Sorte Professoren in den heutigen Gymnasien, die gibt’s nicht mehr. Pech für die Schüler . . .
Und hier beginnt die eigentliche Geschichte, die ich euch heute unter dem Vorbehalt äußerster Verschwiegenheit offenbaren will.
1974, ich hatte gerade mein Mädchen-Pensionat in Montreux weinend verlassen, als mich ein Angebot einer Londoner Sprach-Schule erreichte, dessen Manager ich vor kurzem am Genfer Flughafen kennengelernt hatte, als ich meine 13-Jährige Schülerin Frauke Lesemann gerade einer kompetenten Stewardess übergeben hatte, die die Kleine sicher und alleine nach Neu-Guinea begleiten sollte, wo ihre steinreichen, deutschen Eltern ihren Geschäften nachgingen.
Mister Paul, der englische Manager der BERLITZ-Sprachschule schrieb mir, er hätte 17 deutsche Deutsch-Lehrer, die ihn gerade furchtbar nervten, denn jede 2.Woche würden diese streiken, warum auch immer, – und ich könnte sofort bei ihm in London anfangen, wenn ich Lust dazu hätte.
Also rein in den Flieger und mit 5000 Schilling Startkapital ab nach London in die Oxford Street. Mister Paul übergab mich sofort Mrs.Rieser und Mrs.Hoffer, zwei emigrierten Jüdinnen aus Wien, die mich sofort in ihr Herz schlossen und mich mit Jobs verwöhnten, die ich mir nicht in meinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können.
Kaum angekommen streikten die Deutschen bei BERLITZ schon wieder, – ICH natürlich nicht, ich hatte ja gerade erst meinen Vertrag unterschrieben, und außerdem war streiken zur damaligen Zeit in Österreich absolut unüblich.
Also Mrs.Rieser, die Headmistress der deutschen Abteilung, schickte mich nach King’s Lynn, 160 km nördlich von London, eine kleine Industriestadt mit 40.000 Einwohnern in Norfolk, wo ich 4 Managern in 4 Wochen elementares Deusch beibringen sollte.
Also fuhr ich Montag früh um 8 Uhr drei Stunden mit dem Zug nach Norden, checkte dort am Hauptplatz im nobelsten Hotel der Stadt ein und begab mich um 14 Uhr zu meinem Termin bei der Chemie-Fabrik DOW CHEMIKAL, wo ich die 4 Manager treffen sollte. Nette Herren, 2 Amerikaner + 2 Engländer, die mir sofort versicherten, sie würden hier nicht ihre berüchtigten Napalm-Bomben für den gerade laufenden Vietnam-Krieg herstellen, sondern nur Käfer umbringen, die etwas gegen üppige Ernten hätten.
Das Gespräch dauerte gerade Mal 1 Stunde und um 15 Uhr war ich mit dem Taxi schon wieder im Hotel.
Und dann und dort traf ich sie : Valentina Malakov !
Was für ein WEIB ! Was für ein VOLLWEIB ! Eine üppige Russin von knapp 30 Jahren, mit einer Ausstrahlung wie Marylin Monroe in Billy Wilder’s Film “ Manche mögen’s heiß !“ (Originaltitel: „Some Like It Hot“ – 1959). Ich war geflasht ! Sie war die Managerin dieses Hotels direkt im Zentrum von King’s Lynn und sehr um das Wohl ihrer Gäste bemüht, besonders wenn sie unbeschränktes Budget für alle Hotel-Einrichtungen hatten, – so wie ich ! Ich hatte einen Blanko-Scheck für alles, nicht nur für’s Hotel, sondern auch für meine täglichen Taxi-Fahrten ins Industrie-Viertel zu „DOW“, und natürlich auch zurück.
Ich fühlte mich wie der damalige „Prinz Charles“, der heutige König, der nie Geld in der Tasche haben mußte, weil alles, was mit Barem zu tun hatte, diskret von einem Diener im Hintergrund erledigt wurde.
Weiter zu VALENTINA ! Sie war die Tochter eines russischen Edelstein-Händlers und einer bildschönen Steirerin, die dem Charme und dem Geld des reichen Oligarchen willig zum Opfer gefallen war, und ihm dieses Kind der Liebe geschenkt hatte, die jetzt neben mir saß, und einen Eros ausstrahlte, den ich sonst nur bei sehr berühmten Schauspielerinnen verspüre.
Sie ahnen es, meine lieben Freunde, – natürlich gab es keine Rettung. Wie in Trance nickte ich zu allen ihren Vorschlägen, nicht nur in Bezug auf die Speisekarte und die dazugehörenden Getränke, sondern auch auf ihre Einladung zu einer abendlichen Saunarunde, die dann eine nächtliche wurde.
Sie hatte einen Narren an mir gefressen, – gut, ich war jung, 25, sah damals sehr gut aus, und vorallem, ich war Österreicher und verstand ihren steirischen Dialekt. Sie konnte nicht russisch und deutsch, nein, sie konnte nur russisch und STEIRISCH. Es war zum Totlachen ! Am Freitag durfte ich immer bereits am Nachmittag nach London zurückfahren, was auch immer bitter nötig war, denn meine liebe VALENTINA ritt mich 4 Nächte pro Woche derart nieder, dass 3 liebes-befreite Nächte am Wochenende geradezu eine Erlösung waren.
Nach diesem unvergesslichen Monat wußte ich mehr über weibliche Liebeskraft als mir lieb war.
Die Wahrheit ist : Es gibt Weiber, die haben eine derartige Liebes-Energie, dass sie die Potenz eines Mannes um mindestens das 10-fache übersteigt, – un das Einzige, was dagegen hilft, ist die FLUCHT !
Und so geschah es auch. Ich flüchtete nach insgesamt 16 unvergesslichen Liebesnächten, und kehrte NIE MEHR nach King’s Lynn zurück. Erstens wäre es später wohl nicht mehr möglich gewesen diesen erstmaligen Liebes-Rausch wiederaufleben zu lassen, – und zweitens hatte ich einfach nur mehr Angst vor dieser totalen, sexuellen Vereinnahmung, die kein normaler Mann auf Dauer aushalten kann. Das Wort dazu lautet : völlige Überforderung !
Und so endet diese Lovestory mit einer Flucht, die eines Giacomo Casanova würdig war, und die dazu beigetragen hat, dass ich heute noch lebe. Denn wäre ich dort geblieben, dann hätte sie mich zu Tode geliebt, denn in der unberenzten Lust und Ekstase liegt auch etwas Grausames, das, wenn es alle Grenzen und Tabus überschreitet, auch im Liebestod enden kann, wie ihn Anna Netrebko so unvergleichlich in einigen ihrer Opern besingt.
Doch ich bin davon gekommen, – und das ermöglicht es mir heute, meine Valentina Malakov in einem Bild zu verewigen, das ihrer hoffentlich würdig ist.
In diesem Sinne, – in Gedenken an eine liebestolle Valentina und einen klugen Philosophie-Professor, – und mit der Bitte um Vertraulichkeit, verbleibe ich wie immer, euer nimmermüder, fast zu Tode geliebter Künstler, Kleckser, Maler – Hugo von Kritzelflink