Heikenwaelder Hugo: Boote am Meer


„Boote am Meer“ – Zeichnung von Hugo Heikenwaelder

Heute, liebe Freunde, präsentiere ich euch mein neuestes Werk mit dem Titel : „Boote am Meer“ – (in Farbe)

Meine liebe SILVIA eröffnete vergangenen Sonntag unser Frühstücks-Gespräch am Balkon mit den Worten : „Heute machen wir einen Ausflug !“ – Ihr Tonfall war so, dass ich gleich wußte, Widerspruch ist sinnlos.
Oh Gott, dachte ich mir, schon wieder ein „Ausflug“ ! Meine Frau liebt Ausflüge : Ausflüge zu Garten-Messen, zu Blumen-Schauen, ins „GRÜNE“, in irgendeine sogenannte „Landes-Ausstellung“, etc. – Mich würde das ja nicht stören, aber immer „muss ich mit“.
Aber der Reihe nach : Silvia, in ihrer höflichen Art, fragt mich : „Wo willst Du denn gerne hin ?“

Hier die Variante in Farbe !

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Nun, meine Liebste kennt mich genau, – sie weiß genau, ich will nirgends hin, ich will zu Hause bleiben, an meinem Zeichenbrett versumpern, tief eintauchen in meine Linien-Geflechte, mich ganz dem endlosen FLOW meiner voll-automatischen ZEICHNEREI hingeben, versinken im unendlichen Universum meiner zittrigen Striche, die immer wieder neue Bilder entstehen lassen, von denen ich nicht wußte, dass sie in mir drinnen sind, – und die ans Licht der Welt drängen.
Aber egal, es ist Sonntag, ein Ausflug muss sein, und ich muss mich entscheiden. Also sage ich zu Silvia : „Okay, fahren wir halt ins Burgenland !“ und schauen, ob der Neusiedler-See tatsächlich am Austrocknen ist, – wie alle Zeitungen schreiben.
Gesagt, getan. Abschied von meinen Katern, rein ins Auto, – bei 28° im Schatten, – und ab ins Land de Burgen.
Der See ist noch da, das Schilf wächst, sodass es kein Entkommen gibt, – und vor allem : Der See randgefüllt mit Wasser, – und absolut NIX zu sehen von irgendeiner Austrocknung. Wie beim KLIMA generell, – alles nur Panikmache.

Und hier die Zeichnung in Schwarz-Weiss !

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Wir besteigen ein Ausflugs-Boot zu einer 70-minütigen Rundfahrt und tuckern durch endloses Schilf, bis wir die weite Fläche des Sees erreichen.
100 Mal gesehen, es ist wie es immer ist. Es ist Sonntag, es ist heiß, die Sonne brennt herunter, die Sitze an Deck des Ausflugs-Bootes sind brennheiß und pickelhart, und ich sitze da, schau auf den See, fühl mich wie in Camus „Der Fremde“, – ausgesetzt, nicht dazu gehörend, unter all den tausend Touristen, die sich hier tummeln. Und ich erlebe wie meistens : NICHTS ! Doch sie ist beruhigend : Diese Monotonie der Langeweile.
Es ist seltsam, immer wieder spreche ich mit Leuten und alle wollen sie nur Eines : REISEN !
Die schreckliche Wahrheit ist, ich erlebe nur sehr wenig auf Reisen. Es gibt kein Paris, kein Rom, kein New York. Es ist immer nur „der kleine HUGO in PARIS“, der „kleine Hugo in ROM“, der „kleine HUGO an der Nordsee“ ! Es sind immer „meine Augen“, die die Dinge sehen, betrachten, verstehen wollen, ich kann mich nicht lösen von meinem subjektiven Blick, meiner individuellen Wahrnehmung, der persönlichen Perspektive meiner optischen Eindrücke.
Und wie ich mich so sehe, im Gewühl der Menschen, an Deck des Schiffes, mit Blick auf das Schilf und ein paar mickrige Yachten, die vor den niedrigen Wochenend-Häusern am Ufer vor sich hin schaukeln, da denk ich mir : „Ich werde ein paar Boote malen, wenn ich wieder zu Hause bin, Boote in diesiger Sonne, einen milchigen Himmel, und versuchen, die unendliche Langeweile dieser sonntäglichen Langsamkeit einzufangen . . .
Und plötzlich fallen mir André Hellers Worte ein : „Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo . . .“
Und wie ich da so sitze, auf den See schaue und mich frage : „Wo bin ich eigentlich ?“ und „Was mach ich hier eigentlich ?“, fällt mir dieses seltsame Gedicht ein, das für mich geschrieben scheint, und in dem es heißt :
„Mir träumte, ich sei versunken
Tief im Chinesichen Meer –
Versunken nur, nicht ertrunken . . .“

Und mein inneres Auge sieht Dschunken im chinesischen Meer, Männer mit diesen seltsamen Strohhüten, die wie in Trance ihre Arbeit verrichten, hinausfahren, um an der immer gleichen Stelle immer die gleichen Fische zu fangen, nach Hause schippern, ihren Fang abliefern, wissend, am nächsten Tag wieder das Selbe zu tun . . .

Ja, ich werde ein paar Dschunken malen in endloser Hitze, mit diesiger Sonne und milchigem Himmel. Ein unspektaktuläres Bild, eine unscheinbare Zeichnung, um dieser Gleichförmigkeit, diesen endlosen Wiederholungen, dieser existenziellen Langeweile gerecht zu werden. Und wieder erinnere mich an einen Text von Camus : „Hochzeit des Lichts, Heimkehr nach Tipasa“ . . . wo dieses Flirren in der Hitze, diese Impressionen am Rande der Wüste beschrieben sind, und wo die Sinnlosigkeit unseres ewigen Tuns und Tun-Müssens ihre kunstvollen Worte findet . . .

Heimgekehrt, hingesetzt, die Stifte zur Hand genommen und versucht diesen Sonntag am chinesischen Meer zu skizzieren . . . Ein paar Boote, ein Horizont unter einem weiten Himmel, eine fahle Sonne, die uns an das Kosmische erinnert, sonst nichts, Striche auf Papier, ein bißchen Farbe, um nicht ganz im Schwarz-Weiss der Linien zu versinken . . .
Danke für den Ausflug, liebe Silvia, ich habe etwas erlebt, aber nicht das ewig Gleiche am Neusiedler-See, das jeder erlebt, der dort seiner Wege geht : das Schilf, das Wasser, die Surfer, die Boote, – sondern die Kathedrale meiner Gedanken und meiner Erinnerungen, die heute in meiner Tagebuch-artigen Zeichnung „Boote am Meer“ ihren Ausdruck gefunden haben . . .
Nehmt es mit, dieses unaufdringliche Bildchen, in die Galerie eurer Augen, ihr seht es, ihr habt es gesehen, für Sekunden, vielleicht für 1 Minute, um es dann dem Vergessen anheim zu geben, dem großen Vergessen, wo es hingehört, – und wo wir alle enden werden . . .
Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit, – euer Maler und Zeichner – Hugo von Kritzelflink



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